Klimaschonende Mobilität
aufbauen
Mobilität bildet eine zentrale Grundlage unseres modernen Lebens. Für fast alle ist Arbeit, Freizeit, Einkaufen oder kulturelles Leben eng verknüpft mit einfach verfügbarer Mobilität . Derzeit sind fossile Treibstoffe viel zu oft Voraussetzung dieser Bewegungs- und Handlungsfreiheit. Sie führen dazu, dass Verkehr der größte CO2-Emittent in Österreich ist. Daher ist der rasche Umbau unseres derzeitigen Mobilitätssystems von größter Bedeutung, da der Verkehr in seiner jetzigen Form nicht nur zu einer ständigen Verschärfung der Klimakrise führt, sondern gleichzeitig die Lebensqualität in Städten und Gemeinden massiv einschränkt. Unsere alltägliche Umwelt ist heute vielfach auto-, aber nicht menschengerecht gestaltet.
Das Problem
Verkehr in Österreich bedeutet heute großteils motorisierten Individualverkehr und Güterverkehr durch Lkw. Im Vergleich dazu wurde das Mobilitätsangebot des Umweltverbundes (öffentlicher Verkehr, Radfahren, Zufußgehen) in den letzten Jahren nicht nur kaum erweitert, sondern vielfach sogar reduziert.
Das österreichische Verkehrssystem ist abhängig von Treibhausgas verursachenden Transportmitteln. Flug-, Lkw- und Pkw-Verkehr erzeugen 30 Prozent des CO2-Ausstoßes in Österreich. Seit 1990 ist im Verkehrssektor eine Zunahme der Treibhausgase um rund 74 Prozent zu verzeichnen, während die CO2-Emissionen in allen anderen Bereichen zurückgehen.. Die daraus resultierende Klimakatastrophe zeigt sich bereits heute durch Auswirkungen wie sommerliche Überhitzung oder vermehrt schwere Unwetter mit katastrophalen Schäden.
Die direkten räumlichen und gesellschaftlichen Fehlentwicklungen durch den langjährigen Fokus auf die autogerechte Gestaltung rücken auch dadurch immer stärker in den Vordergrund. In Städten wird etwa ein Drittel des Bodens von versiegelten Flächen für Fahren, Parken und Abstellen von Autos in Anspruch genommen. Der Straßenraum ist Gefahrenzone für Fußgänger*innen, insbesondere auch für Kinder und Ältere, die nicht mehr gut zu Fuß sind, und für Radfahrer*innen. Die in Österreich besonders stark fortschreitende Zersiedelung generiert immer mehr Verkehr. Vor allem in den ländlichen Regionen ist die Anbindung durch öffentliche Verkehrsangebote vielfach für den Alltagsgebrauch ungenügend. Doch das Angebot ist nicht nur schlecht, sondern wird auch noch laufend schlechter: In den letzten Jahren wurden aus Kostengründen etliche Regionalbahnen in Österreich stillgelegt. Seit 1970 verringerte sich die Länge des Schienennetzes der ÖBB um ca. 15 Prozent, während Straßen massiv ausgedehnt wurden. Der Ausbau von Radwegenetzen passiert nur schleppend und partiell. Die Straßen stehen im Mittelpunkt eines Interessenskampfes. Eine gerechtere Platzverteilung ist heute dringlicher denn je.
Baukultur hat Lösungen!
Möglichkeiten der Mobilität werden vom gebauten Raum mitbestimmt, so wie auch bestehende Mobilitätssystem bestimmen, was gebaut wird und wie das Gebaute genutzt werden kann, vom Gewerbepark beim Kreisverkehr bis zur innerstädtischen Fußgängerzone.
Von einer Neuordnung des Straßenraumes, bei der der Raum für Angebote des Umweltverbundes vergrößert wird, können alle Beteiligten profitieren. Es geht um einen Wandel hin zu einem nutzerfreundlichen und nachbarschaftlich gestärkten Raum, wo Nahversorgung, innerörtliche Landwirtschaft, Wohnqualität und Naherholung ineinander verwoben sind, sich gegenseitig stützen und bedingen. So soll der öffentliche Raum in der Stadt und im Dorf, der heute vielfach vom motorisierten Individualverkehr dominiert wird, wieder besser und vielfältiger nutzbar werden. Straßen sind einer der letzten noch verfügbaren Freiräume in urbanen Zentren und im ländlichen Raum. Sie bilden eine ideale Grundlage für alternativen Verkehr. Eine Neudefinition mit dem großen Versprechen für ein Mehr an Lebensqualität schafft eine Vielzahl an zusätzlichen Möglichkeiten. Das Ziel ist es, den Komfort für den Einzelnen so zu erhöhen, dass der kurzweilige Komfortverlust durch den Verzicht auf das Auto in den Hintergrund rückt.
Der Mensch als soziales Wesen soll bewusst den öffentlichen Raum als Raum für alle begreifen, in dem Gesellschaft sichtbar wird und sich entfalten kann. Folgende Maßnahmen können dabei helfen:
- Stärkung der überregionalen Zusammenarbeit in den Bereichen öffentlicher Nahverkehr und alternativer Mobilitätskonzepte wie Car Sharing und Mikromobilität etc.
- Fragen der Raumordnung neu überdenken. Unnötiger Verkehr muss vermieden und vorhandene innerörtliche Strukturen müssen gestärkt werden. Dies ist vielfach nur möglich durch die Kooperation mehrere Gemeinden und Regionen, etwa bei der Ausweisung neuer Gewerbe- und Einkaufsgebiete oder Wohngebiete.
- Ein stetiger Ausbau gesicherter Rad- und Fußwege um dadurch die Attraktivität dieser Verkehrsarten deutlich zu erhöhen.
- Schaffung von intelligenten und effizienten Verbindungen und Infrastrukturachsen, die auch beliebige Kombinationen von Radfahren, Zufußgehen, Auto und öffentlichem Verkehr zulassen.
- Fußläufige Versorgung im Alltag gewährleisten (Leerstandaktivierung für Nahversorgung).
- Bushaltestellen und Bahnstationen erneuern und als soziale Treffpunkte ausbauen.
- Takt der öffentlichen Anbindungen erhöhen und aufeinander abstimmen.
Viele Menschen fühlen sich von großen Umstrukturierungen vor allem im Bereich des Verkehrs überfordert. Kleine, einfach umzusetzende Schritte, die jedoch die richtige Richtung vorgeben, können helfen, die neuen Freiheiten eines demokratisch genutzten Freiraums erlebbar zu machen und Ängste zu nehmen. Die Zentren und Ortskerne von Gemeinden und Städten müssen dabei gegenüber der Peripherie bevorzugt behandelt werden. Ein neuer Umgang mit den vorhandenen Straßen muss gefunden werden. Der Ausbau des Radwegenetzes ermöglicht es, am Land sowie in der Stadt sichere und zeitsparende Verbindungen des täglichen Bedarfs zu schaffen sowie weitere Freizeitnutzungen zu eröffnen. Fahrradtourismus könnte auf diese Weise einen positiver Nebeneffekt erzeugen.
Grundlagen für Baukultur schaffen!
Die Bundes- und Landespolitik sollte eine Neugestaltung und Weiterentwicklung unserer Mobilitätssysteme selbst betreiben und fördern: Infrastrukturprojekte müssen überregional aufeinander abgestimmt sein. In Städten und Orten ist das politische Gewicht auf Aufenthaltsqualität inklusive ausreichender Beschattung durch Bäume mit gleicher Priorität zu versehen wie die langfristige Versorgungssicherheit der Leitungsinfrastruktur wie Kanal und Wasser. Es geht um eine rechtliche Gleichstellung der Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer*innen und darum, die bevorzugte Behandlung des Automobilverkehrs zu beenden. Subventionen für klimaschonende Transportmittel wie Bahn im Personen- sowie im Güterverkehr sind essentiell.
Mit Partner*innen aktiv werden!
Das Thema Verkehr betrifft alle und das jeden Tag. Es ist aufgeladen mit vielzähligen Emotionen. Die bewahrenden Fürsprecher*innen des Automobilverkehrs sind dabei meist viel lauter und übertönen die Mehrheit an Befürworter*innen menschengerechter statt autogerechter Städte und Gemeinden. Ein fortlaufender Dialog mit Politiker*innen, NGOs, Fachleuten und Bürger*innen ist dabei die Grundlage, um rasch notwendige Schritte umzusetzen.